Großer Preis der Schweiz 1935
Der II. Große Preis der Schweiz fand am 25. August 1935 auf der Bremgarten-Rundstrecke in Bremgarten bei Bern statt. Das Rennen zählte in diesem Jahr erneut lediglich zur Kategorie der Épreuves a priorité, wurde aber dennoch als Lauf zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1935 gewertet und nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Rennformel (Rennwagen bis maximal 750 kg Leergewicht; 85 cm Mindestbreite; Renndistanz mindestens 500 km) über 70 Runden à 7,280 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 509,60 km entsprach.
Sieger wurde Rudolf Caracciola auf einem Mercedes-Benz W 25.
Rennen
Obwohl noch immer nicht mit den Privilegien einer Grande Épreuve versehen, hatte sich der Schweizer Grand Prix schon im zweiten Jahr seines Bestehens zu einer der bedeutendsten Veranstaltungen im jährlichen Grand-Prix-Kalender entwickelt. Dies mag auch an der bis dahin einzigartigen Kombination des eigentlichen Grand Prix mit einem eigenständigen Voiturette-Rennen, dem Prix de Berne, im Rahmenprogramm liegen, das in diesem Jahr von der englischen Nachwuchshoffnung Richard Seaman auf ERA gewonnen wurde. Außerdem herrschte in der neutralen Schweiz trotz der zunehmend wieder angespannten internationalen Lage weiterhin eine allgemein freundliche Atmosphäre, in der sich die Teilnehmer aus allen Ländern, ob Werksteam oder Privatfahrer, gleichermaßen willkommen fühlen konnten.
Nach der jüngsten überraschenden Niederlage gegen Tazio Nuvolari auf seinem Alfa Romeo Tipo B beim Heimrennen auf dem Nürburgring wollte sich die Mercedes-Benz-Mannschaft keinen weiteren Gesichtsverlust leisten, und um keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Unterfangens aufkommen zu lassen, war das Team erneut mit einem Großaufgebot von nicht weniger als fünf seiner imposanten Silberpfeile für die drei Stammpiloten Rudolf Caracciola, Luigi Fagioli und Manfred von Brauchitsch, die nun bereits auch die ersten drei Positionen in der Meisterschaftswertung innehatten, sowie die Reservefahrer Hanns Geier und Hermann Lang angereist. Geier trug bei einem Unfall im Training allerdings schwere Verletzungen davon, die er nur mit knapper Not überlebte und die das Ende seiner Karriere als Grand-Prix-Fahrer bedeuteten.
Auch die beiden anderen Werksmannschaften von Alfa Romeo – wie immer vertreten durch die Scuderia Ferrari – mit Tazio Nuvolari, Louis Chiron und René Dreyfus und der Auto Union mit Hans Stuck, Achille Varzi und Bernd Rosemeyer traten jeweils in Bestbesetzung an. Vom Bugatti-Team war dagegen weit und breit nichts zu sehen, wie auch bei Maserati der Einsatz des neuen Grand-Prix-Typs Maserati V8-RI weiter auf sich warten ließ.
Bereits anhand der Trainingszeiten, anhand der auch hier beim Großen Preis der Schweiz jetzt zum ersten Mal die Startaufstellung bestimmt wurde, zeichnete sich ab, dass die Alfa Romeo bei weitem nicht die Rolle spielen konnten, wie zuletzt auf dem kurvenreichen und technisch anspruchsvollen Nürburgring. So kam Nuvolari über eine Position in der dritten Startreihe nicht hinaus, während das Team der Auto Union das Potential ihrer Wagen zum ersten Mal in dieser Saison richtig unter Beweis stellen konnte und alle drei Wagen unter die ersten fünf platzierte.
Den besten Start hatte jedoch Caracciola aus der Mitte der ersten Reihe, der mit seinem Mercedes-Benz vor den beiden Auto Union von Varzi und Stuck in Führung ging. Während er im Folgenden den Abstand auf die Verfolger kontinuierlich ausbaute, beschädigte Varzi sein Auto bereits in der zweiten Runde bei einem Ausweichmanöver, so dass er im Anschluss das Tempo der Spitze nicht mithalten konnte, das Rennen aber tapfer zu Ende fuhr. Neuer Zweiter war daher Stuck, der sich mit Caracciolas Teamgefährten Fagioli einen Kampf um diese Position lieferte, bis auch er durch einen Reifenschaden an seinem Auto Union zurückgeworfen wurde. Bereits in der achten Runde war Chiron mit seinem Alfa Romeo von der Strecke abgekommen und beim Aufprall in die Streckenbegrenzung aus dem Auto geschleudert worden. Seine Verletzungen stellten sich später als unter den Umständen nicht allzu schwer heraus, doch musste er den folgenden Grand Prix von Italien deswegen auslassen.
In der 13. Runde begann es zu regnen und nachdem die deutschen Teilnehmer auf Regenreifen gewechselt hatten – sogenannte gesommerte, also mit von Hand eingeschnittenen Querrillen versehene Reifen standen Alfa Romeo nicht zur Verfügung – blieb die neue Reihenfolge mit Caracciola (Mercedes) vor Rosemeyer (Auto Union), Fagioli (Mercedes) und Nuvolari (Alfa Romeo) längere Zeit unverändert. Aufgrund seines Reifenvorteils gelang es Varzi jedoch schließlich, trotz seines angeschlagenen Autos, Nuvolari zu überholen. Als dann zur Rennmitte die planmäßigen Tankstopps anstanden, gab einmal mehr die bessere Boxenarbeit bei Mercedes den Ausschlag, so dass Fagioli unmittelbar vor Rosemeyer wieder auf die Strecke zurück kam. Obwohl beide in Folge nur wenige Sekunden auseinander lagen und der Regen nach ungefähr 45 Runden wieder nachließ, kam es zu keinen weiteren Positionswechseln mehr, so dass Caracciola das Rennen mit einem niemals gefährdeten Start-und-Ziel-Sieg beendete.
Ergebnisse
Meldeliste
Team | Nr. | Fahrer | Info | Chassis | Motor | Reifen |
---|---|---|---|---|---|---|
NS-Staat Auto Union AG | 02 | NS-Staat Bernd Rosemeyer | Auto Union B | Auto Union 5.0L V16 Kompressor | C | |
04 | NS-Staat Hans Stucka | |||||
06 | Italien 1861 Achille Varzi | |||||
NS-Staat Paul Pietsch | RES | |||||
NS-Staat Hermann zu Leiningen | RES | |||||
NS-Staat Daimler-Benz AG | 08 | NS-Staat Manfred von Brauchitsch | Mercedes-Benz W 25B | Mercedes-Benz M 25 B 4.0L I8 Kompressor | C | |
10 | NS-Staat Rudolf Caracciolab | |||||
12 | Italien 1861 Luigi Fagioli | |||||
42 | NS-Staat Hermann Langc | |||||
14 | NS-Staat Hanns Geier | DNSd | Mercedes-Benz W 25 | Mercedes-Benz M 25 B 3.4L I8 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Benoît Falchetto | 14 | Dritte Französische Republik Benoît Falchetto | DNA | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | |
Dritte Französische Republik Raymond Sommer | 16 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Alfa Romeo Tipo B/P3 | Alfa Romeo 3.2L I8 Kompressor | ||
Vereinigtes Konigreich Francis Howe | 18 | Vereinigtes Konigreich Earl Howe | Bugatti T59 | Bugatti 3.3L I8 Kompressor | D | |
20 | Vereinigtes Konigreich Brian Lewis | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | |||
Italien 1861 Gino Rovere | 22 | Italien 1861 Giuseppe Farina | Maserati 6C-34 | Maserati 3.7L I6 Kompressor | P | |
Italien 1861 Franco Sardi | 24 | Italien 1861 Nando Barbieri | Alfa Romeo Tipo B/P3 | Alfa Romeo 2.9L I8 Kompressor | P | |
Italien 1861 Gruppo Genovese San Giorgio | 26 | Italien 1861 Renato Balestrero | Maserati 26M | Maserati 2.5L I8 Kompressor | ||
Italien 1861 Scuderia Ferrari | 28 | Monaco Louis Chiron | Alfa Romeo Tipo B/P3 | Alfa Romeo 3.2L I8 Kompressor | E | |
30 | Italien 1861 René Dreyfus | |||||
32 | Italien 1861 Tazio Nuvolari | |||||
Italien 1861 Scuderia Subalpina | 34 | Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | Maserati 6C-34 | Maserati 3.7L I6 Kompressor | ||
36 | Italien 1861 Eugenio Siena | DNA | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor | ||
Schweiz Hans Ruesch | 38 | Schweiz Hans Ruesch | Maserati 6C-34 | Maserati 3.7L I6 Kompressor | ||
Ungarn 1918 László Hartmann | 40 | Ungarn 1918 László Hartmann | Maserati 8CM | Maserati 3.0L I8 Kompressor |
Qualifying
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Qualifikationstraining | Start | |
---|---|---|---|---|---|
Zeit | Ø-Geschwindigkeit | ||||
01 | Italien 1861 Achille Varzi | NS-Staat Auto Union | 2:41,8 min | 161,780 km/h | 01 |
02 | NS-Staat Rudolf Caracciola | NS-Staat Mercedes-Benz | 2:42,8 min | 160,980 km/h | 02 |
03 | NS-Staat Hans Stuck | NS-Staat Auto Union | 2:43,6 min | 160,200 km/h | 03 |
04 | Italien 1861 Luigi Fagioli | NS-Staat Mercedes-Benz | 2:44,2 min | 159,610 km/h | 04 |
05 | NS-Staat Bernd Rosemeyer | NS-Staat Auto Union | 2:45,3 min | 158,550 km/h | 05 |
06 | NS-Staat Hermann Lang | NS-Staat Mercedes-Benz | 2:48,2 min | 155,810 km/h | 06 |
07 | Italien 1861 Tazio Nuvolari | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:49,1 min | 154,990 km/h | 07 |
08 | Dritte Französische Republik René Dreyfus | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:50,2 min | 153,980 km/h | 08 |
09 | NS-Staat Manfred von Brauchitsch | NS-Staat Mercedes-Benz | 2:50,8 min | 153,440 km/h | 09 |
10 | Monaco Louis Chiron | Italien 1861 Alfa Romeo | 2:51,8 min | 152,550 km/h | 10 |
11 | Italien 1861 Giuseppe Farina | Italien 1861 Maserati | 3:06,0 min | 140,900 km/h | 11 |
12 | Vereinigtes Konigreich Earl Howe | Dritte Französische Republik Bugatti | 3:07,0 min | 140,150 km/h | 12 |
13 | Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | Italien 1861 Maserati | 3:07,1 min | 140,070 km/h | 13 |
14 | Ungarn 1918 László Hartmann | Italien 1861 Maserati | 3:25,6 min | 127,470 km/h | 13 |
15 | Vereinigtes Konigreich Brian Lewis | Italien 1861 Maserati | 3:28,8 min | 126,0 min km/h | 15 |
16 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Italien 1861 Alfa Romeo | 3:31,8 min | 123,740 km/h | 16 |
17 | Italien 1861 Renato Balestrero | Italien 1861 Maserati | 3:37,3 min | 120,610 km/h | 17 |
18 | Italien 1861 Nando Barbieri | Italien 1861 Alfa Romeo | 3:45,2 min | 116,380 km/h | 18 |
Rennergebnis
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Runden | Stopps | Zeit | Start | Schnellste Runde | Ausfallgrund | EM-Punkte |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | NS-Staat Rudolf Caracciola | NS-Staat Mercedes-Benz | 70 | 1 | 3:31:12,2 h | 2 | 2:44,4 min | 1 | |
02 | Italien 1861 Luigi Fagioli | NS-Staat Mercedes-Benz | 70 | 1 | + 35,9 s | 4 | 2 | ||
03 | NS-Staat Bernd Rosemeyer | NS-Staat Auto Union | 70 | 1 | + 1:07,8 min | 5 | 3 | ||
04 | Italien 1861 Achille Varzi | NS-Staat Auto Union | 69 | 1 | + 1 Runde | 1 | 4 | ||
05 | Italien 1861 Tazio Nuvolari | Italien 1861 Alfa Romeo | 68 | + 2 Runden | 7 | 4 | |||
06 | NS-Staat Hermann Lang | NS-Staat Mercedes-Benz | 67 | + 3 Runden | 6 | 4 | |||
07 | Dritte Französische Republik René Dreyfus | Italien 1861 Alfa Romeo | 66 | + 4 Runden | 8 | 4 | |||
08 | Italien 1861 Giuseppe Farina | Italien 1861 Maserati | 64 | + 6 Runden | 11 | 4 | |||
09 | Dritte Französische Republik Raymond Sommer | Italien 1861 Alfa Romeo | 63 | + 7 Runden | 16 | 4 | |||
10 | Vereinigtes Konigreich Earl Howe | Dritte Französische Republik Bugatti | 60 | + 10 Runden | 12 | 4 | |||
11 | NS-Staat Hans Stuck NS-Staat Paul Pietsch | NS-Staat Auto Union | 57 | + 13 Runden | 3 | 4 / 8 | |||
12 | Italien 1861 Renato Balestrero | Italien 1861 Maserati | 53 | + 17 Runden | 17 | 4 | |||
— | Ungarn 1918 László Hartmann | Italien 1861 Maserati | 25 | DNF | 14 | Getriebeschaden | 6 | ||
— | NS-Staat Manfred von Brauchitsch | NS-Staat Mercedes-Benz | 13 | DNF | 9 | Motorschaden | 7 | ||
— | Monaco Louis Chiron | Italien 1861 Alfa Romeo | 7 | DNF | 10 | Unfall | 7 | ||
— | Vereinigtes Konigreich Brian Lewis | Italien 1861 Maserati | 3 | DNF | 15 | Ausfall nach Dreher | 7 | ||
— | Italien 1861 Nando Barbieri | Italien 1861 Alfa Romeo | 2 | DNF | 18 | defekte Zündkerzen | 7 | ||
— | Dritte Französische Republik Philippe Étancelin | Italien 1861 Maserati | 1 | DNF | 13 | Unfall | 7 |
Weblinks
- II Großer Preis der Schweiz. www.teamdan.com, abgerufen am 3. September 2014 (englisch).
- Leif Snellman, Felix Muelas: II GROßER PREIS DER SCHWEIZ. www.kolumbus.fi, 6. Mai 2014, abgerufen am 3. September 2014 (englisch).