Hans-Georg Ilker

Hans-Georg Ilker (* 5. Dezember 1926 in Wendisch Priborn; † 14. April 1995 in Hamburg) war ein deutscher Internist, Sportmediziner und Sportfunktionär.

Leben

Ilker gilt als ein Vorreiter auf dem Gebiet des deutschen Herz- und Gesundheitssports. Im Oktober 1971 gründete er in der Hamburger Turnerschaft von 1816, bei der er auch stellvertretender Vorsitzender war[1], die erste Sportgruppe Deutschlands speziell für Herzinfarkt-Genesende.[2][3][4] Sein Ansatz, Infarktopfer durch ein ineinandergreifendes Trainingssystem allmählich wieder an normale Belastungen zu gewöhnen, fand unter dem Begriff „Hamburger Modell“ vielfach Rezeption bei der Therapie koronarer Herzerkrankungen.[5][6][7][8][9]

Als geeignet für Ilkers zur damaligen Zeit noch außergewöhnliches Übungsprogramm bestehend aus einem einmal wöchentlichen harten aufbauenden Training werden Patienten angesehen, die für 3 Minuten mindestens 75 Watt auf dem Fahrradergometer ohne pathologische elektrokardiographische Reaktionen leisten können. Als limitierenden Faktor seiner Sportgruppen identifizierte Ilker dabei nicht das Herz, sondern orthopädische Probleme wie Reizungen der Achillessehnen, Schmerzen an degenerativ veränderten Gelenken und von der Wirbelsäule ausgehende Neuromyalgien.[10]

Grabstätte auf dem Neuen Friedhof Harburg

Im Februar 1974 stand Ilker mit seinem Modell „Turnen nach Herzinfarkt“ im Mittelpunkt des Kongresses „Aktive Freizeit“ des Deutschen Turner-Bundes. Der Hamburger Landesverband der DGSP berief Ilker in seinen Vorstand. Die Sporthochschule Köln nahm das „Turnen nach Herzinfarkt“ nach Ilkers „Hamburger Modell“ in ihren Lehrplan auf. Fünfzehn Jahre nach Ilkers erster Infarktsportgruppe gab es 1.400 derartige Sportgruppen in Deutschland, als Ilker starb, waren es rund 3.500.[11]

1978 wurde Ilker in den wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Sportbundes berufen.[12] Am Institut für Leibesübungen (IFL) der Universität Hamburg war Ilker zunächst als Lehrbeauftragter, später als Honorarprofessor in der Sportlehrerausbildung tätig, im Hamburger Verein für kardiologische Prävention und Rehabilitation Vorstandsmitglied.[13] In Hamburg-Harburg betrieb er eine Arztpraxis für Innere Medizin. Von 1974 bis 1992 war er 18 Jahre lang Vorsitzender und später Ehrenvorsitzender der Hamburger Turnerschaft von 1816,[14] dem weltweit ältesten Turnverein und mit 8.000 aktiven Mitgliedern sowie einem Jahresetat von 3,3 Millionen DM einer der damals größten Norddeutschlands.[15] 1981 wurde er für seine Vereinsarbeit mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt,[14] 1982 mit der Friedrich-Wildung-Plakette des DSB. Als Ilker am 25. Mai 1984 als einer der ersten Vereinsvertreter aus den Händen von Karl Carstens die Sportplakette des Bundespräsidenten überreicht bekam, würdigte der Bundespräsident insbesondere Ilkers Pionieraktivitäten im Koronarsport.[16]

Privates

Hans-Georg Ilker wuchs in Wendisch Priborn in Mecklenburg auf, nach seinem Medizinstudium promovierte er 1955 in Hamburg. Gemeinsam mit seiner Frau Susi hatte er vier Kinder. 1995 erlag er im Alter von 68 Jahren einem Krebsleiden.[14] Seine letzte Ruhestätte erhielt er auf dem Neuen Friedhof Harburg im Hamburger Stadtteil Eißendorf.

Publikationen (Auszug)

  • Die subacide Gastritis im Kindesalter. Dissertation. 1955, OCLC 831103559, PMID 13308702. 
  • mit R Hopf: Ambulante Herzgruppen heute: Vorträge beim Seminar für Betreuer von Herzgruppen, 28. Mai 1982, Frankfurt/M. 1, Allgemeine medizinische Aspekte OCLC 916002329
  • Fitness-Studio im Verein, Verlag Ingrid Czwalina, Ahrensburg, 1990, ISBN 978-3-88020-212-2
  • Gesundheitsbezogener Vereinssport, Verlag Ingrid Czwalina, Ahrensburg, 1988, ISBN 978-3-88020-182-8
  • Großvereine, Gesinnungsgemeinschaft oder Dienstleistungsbetrieb? In: Knut Dietrich, Klaus Heinemann (Hrsg.): Der nichtsportliche Sport: Beiträge zum Wandel im Sport, Hofmann Verlag, Münster 1989, S. 150–159 ISBN 3-7780-6851-2 (Abstract)
  • Fünf-Jahres-Ergebnisse nach ambulanter Infarktrehabilitation am Wohnort In: Gerhard Hecker et al. (Hrsg.): Schulsport – Leistungssport – Breitensport Academia Verlag Sankt Augustin 1983. S. 68–70 ISBN 3-88345-310-2 (Abstract)
  • Gesundheitsbezogene Angebote in Prävention und Rehabilitation im Rahmen der Turn- und Sportvereine. In: Ingomar-Werner Franz, Harald Mellerowicz, Wolfgang Noack (Hrsg.): Training und Sport zur Prävention und Rehabilitation in der technisierten Umwelt. Springer Verlag, 1985, ISBN 978-3-642-70301-0, S. 528 (eingeschränkte Vorschau). 
  • Die Herzinfarktrehabilitation nach dem Hamburger Modell. In: Herz Kreislauf 8 (1976), 7, S. 369–376 ISSN 0046-7324 (Abstract)
  • Ambulante Koronargruppen. Hamburger Erfahrungen. In: Therapiewoche 30 (1980), 32, S. 5233–5235, ISSN 0040-5973 (Abstract)
  • Welche Wünsche haben die Ärzte an „den Sport“? In: Deutsches Ärzteblatt. Band 33, 18. August 1977, ISSN 0012-1207, S. 2040–2044 (aerzteblatt.de [PDF]). 
  • Möglichkeiten und Motivationen im Sportverein. In: Physiotherapie 82 (1991), 8, S. 360–361, ISSN 0031-9392 (Abstract)
  • Ambulante Herzgruppen – eine Herausforderung für den niedergelassenen Arzt? In: Therapiewoche 36 (1986), 30, S. 3116–3121 ISSN 0040-5973 (Abstract)
  • Rehabilitation in einer ambulanten Koronar-Trainingsgruppe. In: Fortschritte der Medizin. Band 99, Nr. 43, 1981, ISSN 0015-8178, S. 1777–1781, PMID 7308938 (Abstract). 

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Unsere 200 jährige Geschichte: Oktober. Hamburger Turnerschaft von 1816.
  2. Sport statt Liegekuren nach dem Herzinfarkt In: Hamburger Abendblatt 8. April 1972
  3. Anschluss finden. Der Spiegel, 25. September 1978, abgerufen am 18. April 2017. 
  4. Werner Sonntag: „Sie können ja noch laufen...“ Die Zeit, 23. Juni 1978, abgerufen am 18. April 2017. 
  5. Wildor Hollmann, Heiko K. Strüder: Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin. 2009, ISBN 3-7945-2546-9, S. 585 (eingeschränkte Vorschau). 
  6. J.F. Scholz: Rehabilitation als Schlüssel zum Dauerarbeitsplatz. In: Rehabilitation und Prävention. Band 10. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-09730-4, S. 98 (eingeschränkte Vorschau). 
  7. Otto A. Brusis: Handbuch der Herzgruppenbetreuung. Spitta-Verlag, 2002, ISBN 978-3-934211-12-4, S. 23 (eingeschränkte Vorschau). 
  8. Ning Wu: Ambulante kardiale Rehabilitation in Deutschland. Gießen 2007, S. 10 ff. (Online [PDF]). 
  9. H. Roskamm: Koronarerkrankungen. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-69451-6, S. 23 (eingeschränkte Vorschau). 
  10. Ommo Grupe, Dietrich Kurz, Johannes M. Teipel: Sport in unserer Welt — Chancen und Probleme. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-13018-6, S. 278 (eingeschränkte Vorschau). 
  11. a b Geehrt. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 92, Nr. 17, 28. April 1995, S. A-1264 (aerzteblatt.de [PDF]). 
  12. Ehrenämter In: Hamburger Abendblatt 13. Oktober 1978
  13. Kampf gegen die tödlichen vier „F“ In: Hamburger Abendblatt 9. November 1977
  14. a b c d Hans-Georg Ilker ist gestorben In: Hamburger Abendblatt 21. April 1995
  15. Höchstleistung In: Hamburger Abendblatt 28. August 1991
  16. a b Originals vom 7. August 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dosb.de Festschrift des DOSB (PDF), Oktober 2014, Seite 17
  17. Peter-Beckmann-Medaille Von: DGPR
Normdaten (Person): GND: 1130058549 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 596149294152280520815 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Ilker, Hans-Georg
KURZBESCHREIBUNG deutscher Sportmediziner und Sportfunktionär
GEBURTSDATUM 5. Dezember 1926
GEBURTSORT Wendisch Priborn
STERBEDATUM 14. April 1995
STERBEORT Hamburg