Körperturm

Körperturm ist ein Begriff aus der Algebra. Es handelt sich um mehrere ineinander verschachtelte Körpererweiterungen.

Definition

Ein Körperturm der Höhe n N {\displaystyle n\in \mathbb {N} } ist eine Folge von Körpererweiterungen

K 0 K 1 K n {\displaystyle K_{0}\subset K_{1}\subset \ldots \subset K_{n}} .

Für jedes j { 1 , n } {\displaystyle j\in \{1,\ldots n\}} soll K j 1 K j {\displaystyle K_{j-1}\subset K_{j}} eine Körpererweiterung sein. Trotz des verwendeten Inklusionssymbols ist das mehr als eine Teilmengenbeziehung, die Verknüpfungen des Körpers K j 1 {\displaystyle K_{j-1}} sollen die Einschränkungen der Verknüpfungen des Körpers K j {\displaystyle K_{j}} sein. Auch bei unendlichen Folgen solcher Körpererweiterungen spricht man von Körpertürmen.

Beispiele und Anwendungen

  • Q Q ( 2 ) Q ( 2 , 3 ) R C {\displaystyle \mathbb {Q} \subset \mathbb {Q} ({\sqrt {2}})\subset \mathbb {Q} ({\sqrt {2}},{\sqrt {3}})\subset \mathbb {R} \subset \mathbb {C} } ist ein Körperturm.
  • Jede Körpererweiterung K L {\displaystyle K\subset L} ist ein Körperturm der Höhe 1. Ist M {\displaystyle M} ein Zwischenkörper, so ist K M L {\displaystyle K\subset M\subset L} ein Körperturm der Höhe 2.
  • Ist K ( X 1 , , X n ) {\displaystyle K(X_{1},\ldots ,X_{n})} der Körper der rationalen Funktionen in n {\displaystyle n} Unbestimmten, so ist
K K ( X 1 ) K ( X 1 , X 2 ) K ( X 1 , , X n ) {\displaystyle K\subset K(X_{1})\subset K(X_{1},X_{2})\subset \ldots \subset K(X_{1},\ldots ,X_{n})}
ein Körperturm. Dieses Beispiel lässt sich zu einem unendlichen Körperturm fortsetzen.
  • Eine Körpererweiterung K L {\displaystyle K\subset L} heißt eine Radikalerweiterung, wenn es einen Körperturm
K = K 0 K 1 K n = L {\displaystyle K=K_{0}\subset K_{1}\subset \ldots \subset K_{n}=L}
gibt, in dem jede Erweiterung K j 1 K j {\displaystyle K_{j-1}\subset K_{j}} durch Adjunktion einer m j {\displaystyle m_{j}} -ten Wurzel entsteht, das heißt zu jedem j { 1 , n } {\displaystyle j\in \{1,\ldots n\}} gibt es eine natürliche Zahl m j {\displaystyle m_{j}} und ein Element b j K j {\displaystyle b_{j}\in K_{j}} mit b j m j K j 1 {\displaystyle b_{j}^{m_{j}}\in K_{j-1}} und es ist K j = K j 1 ( b j ) {\displaystyle K_{j}=K_{j-1}(b_{j})} .[1] Solche Radikalerweiterungen spielen eine wichtige Rolle in der Untersuchung der Frage, für welche Polynomgleichungen die Nullstellen durch Formeln aus Körperoperationen und Wurzelziehen in den Koeffizienten des Polynoms ausgedrückt werden können.
  • Der Gradsatz verallgemeinert sich wie folgt auf Körpertürme:
Ist K 0 K 1 K n {\displaystyle K_{0}\subset K_{1}\subset \ldots \subset K_{n}} ein Körperturm aus endlichen Körpererweiterungen, so gilt für die Erweiterungsgrade:[2]
[ K n : K 0 ] = j = 1 n [ K j : K j 1 ] {\displaystyle [K_{n}\colon K_{0}]=\prod _{j=1}^{n}[K_{j}\colon K_{j-1}]} .
  • Gibt es einen Körperturm
Q = K 0 K 1 K n C {\displaystyle \mathbb {Q} =K_{0}\subset K_{1}\subset \ldots \subset K_{n}\subset \mathbb {C} } ,
und gilt [ K j : K j 1 ] = 2 {\displaystyle [K_{j}\colon K_{j-1}]=2} für alle j { 1 , n } {\displaystyle j\in \{1,\ldots n\}} , so sind alle Punkte der komplexen Ebene, die in einem der K j {\displaystyle K_{j}} liegen, mit Zirkel und Lineal konstruierbar.[3][4] Die Elemente der Körper heißen konstruierbare Zahlen.

Einzelnachweise

  1. Christian Karpfinger, Kurt Meyberg: Algebra: Gruppen - Ringe – Körper, Springer Spektrum 2017, ISBN 3-6625-4721-X, Abschnitt 29.2.1: Radikalerweiterungen
  2. Kurt Meyberg: Algebra 2, Carl Hanser Verlag München Wien 1976, ISBN 3-446-12172-2, Korollar 3 zu Satz 6.2.6
  3. Ina Kersten: Algebra, Universitätsverlag Göttingen (2006), ISBN 3-9386-1661-X, Kapitel 19.4: Algebraische Formulierung der Konstruierbarkeit
  4. Rainer Schulze-Pillot: Einführung in Algebra und Zahlentheorie, Springer Spektrum 2014, ISBN 3-6425-5215-3, Kapitel 9.5: Ergänzung: Konstruktionen mit Zirkel und Lineal