Liste der Stolpersteine in Berlin-Niederschöneweide

Die Liste der Stolpersteine in Berlin-Niederschöneweide enthält die Stolpersteine im Berliner Ortsteil Niederschöneweide im Bezirk Treptow-Köpenick, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Tabelle ist teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Familiennamen.

Bild Name Adresse und Koordinate () Verlege­datum Leben
Otto Dunkel Spreestraße 1
Ecke Schnellerstraße
Welt-Icon52.45625913.51128 28. Juli 2005[1] Otto Dunkel, geboren am 9. April 1889 bei Templin[2] war als Steinholzleger in Rüstungsbetrieben tätig, wobei er Kurierdienste für verschiedene Widerstandsgruppen übernahm und in den Mechanischen Werkstätten in Neubrandenburg leitete.[3] Er wurde Ende Mai 1942 von der Gestapo verhaftet und kam in das KZ Neuengamme. Bei der Auflösung des Konzentrationslagers geriet er auf die Cap Arcona und starb am 3. Mai 1945 bei der Versenkung des Schiffes. In Berlin-Johannisthal wurde 1945 die „Otto-Dunkel-Schule“ nach ihm benannt, eine Gedenktafel in der Spreestraße angebracht und die Betriebskampfgruppe der Neubrandenburger Reifenwerke trug seinen Namen, ebenso wie der Veteranenclub der Spreestraße und der „Otto-Dunkel-Chor“. Der Stein wurde nur einen Tag nach seiner Verlegung gestohlen. Am 28. Oktober 2005 wurde ein neuer Stein verlegt.[4] Der Stein liegt vor dem Eingang des Geschäfts in dem Eckhaus.

Otto Dunkel

·       geboren am 09. April 1889 in Hindenburg Kreis Templin

·       Besuch der Volksschule und anschließend Lehre als Steinmetz und Steinholzleger

·       als aktives Gewerkschaftsmitglied war er zunächst Mitglied der SPD, später der USPD und dann ab 1920 der KPD

·       nach Machtergreifung der Faschisten hilft er Verfolgten und deren Familien, besorgt Quartiere sowie Lebensmittel und

sammelt Geld und Sachspenden

·       im Jahr 1934 Hochzeit mit der Hausgehilfin Hedwig Borrmann, die gemeinsam mit ihm illegal tätig ist

·       Otto arbeitet als Kurier zwischen verschiedenen Widerstandsgruppen

·       im Jahr 1940 wird sein Sohn Hans-Joachim geboren

·       Mitte des Jahres 1942 wird Otto nach einer Denunziation verhaftet, Hedwig flieht mit ihrem Sohn zu ihren Eltern nach Schlesien


Otto wächst im Kreis Templin auf. Als er von dort nach Berlin zieht, wohnt er in Friedrichshain und Neukölln. Vermutlich ab 1939 wohnt er mit seiner Frau in der Spreestraße 1, wo auch der Sohn geboren wird. Nach seiner Verhaftung im Jahr 1942 kommt er in verschiedene Konzentrationslager. Mit der Evakuierung des KZ Neuengamme kommt er auf das Häftlingsschiff Cap Arkona. Er stirbt, als dieses Schiff am 3. Mai 1945 von den Alliierten bombardiert und versenkt wird. Seine Frau Hedwig wohnt nach der Befreiung mit ihren Schwestern und deren Kindern sowie den Eltern in der Spreestraße 1.[5]

Rosa Marie Jokl Brückenstraße 1 24. Mai 2020 Marie Rosa Jokl geb.Jokl

·       geboren am 16.04.1868 in Wien

·       der Vater ist ein angesehener Kaufmann in Wien, der sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hat

·       1890 Hochzeit in Wien mit dem Ingenieur Robert Samuel Jokl, der eine Zuckerfabrik in Hullein in Mähren betreibt

·       Umzug nach Hullein und Geburt der Kinder Hans im Jahr 1890, der ein angesehener Psychologe wird und 

Margarete im Jahr 1893

·       gute wirtschaftliche Verhältnisse bis antisemitische Verhältnisse im Ort den wirtschaftlichen Erfolg verringern

·       im Jahr 1925 verstirbt der Ehemann und wird in Wien beigesetzt

·       vermutlich um diese Zeit zieht sie zu ihrer Tochter Margarete und deren Familie mit den zwei Enkelkindern nach Berlin

·       ihr Schwiegersohn ist ein angesehener erfolgreicher Rechtsanwalt mit eigener Anwaltspraxis


Marie Rosa wächst im kaiserlichen weltstädtischen Wien des 19.Jahrhunderts auf. Nach ihrer Hochzeit zieht sie mit ihrem Ehemann in dessen Wohnort Hullein in Mähren, ein sich industriell schnell entwickelnder Ort. Um 1925 herum kommt sie zu ihrer Tochter nach Berlin. Dort wohnt sie bis zu ihrer Deportation im Oktober 1942 nach Theresienstadt, wo sie am 01. Februar 1943 stirbt. Die Familie glaubt bis zur Deportation, trotz Zwangsarbeit und Repressalien, nicht, dass die 74jährige tatsächlich abgeholt werden würde.[5]

Ludwig Friedmann Schnellerstraße 97/98 23. September 2024 Lebensgeschichte Ludwig Friedmann

Ludwig Friedmann wird am 2.11.1884 in Wien, Österreich geboren. Vor der Jahrhundertwende zieht die Familie nach Berlin, zunächst nach Mitte und ab 1898 wohnen die Eltern mit den Kindern in Berlin-Oberschöneweide. Armin ist das älteste Kind. Pauline wird im Jahr 1883 geboren und Armin im Jahr 1886.

Sein Vater Simon Friedmann wird 1853 in Fiacicze im damaligen Ungarn geboren. Heute heißt der Ort Fiačice und liegt in der Slowakei. Armin ist Kaufmann und Buchhalter. Er stirbt mit 55 Jahren, im Jahr 1908, in Berlin.

Seine Mutter ist Henriette Friedmann, geb. Kanitz. Sie wird 1858 in Wien geboren und stirbt 1913, ebenfalls 55-jährig, in Berlin. Die Eltern heiraten 1882 in der Vereinssynagoge Untere Viaduktgasse in Wien. Henriette ist die nächsten zwölf Jahre nach ihrer Hochzeit ständig schwanger. Nur drei Kinder werden das Erwachsenenalter erreichen, die anderen sterben als Kleinkinder oder in Fehl- und Totgeburten.

Familie Friedmann erhält am 5.1.1920 durch den Naturalisationsakt die preußische Staatsangehörigkeit und sie sind somit deutsche Staatsangehörige.

Ludwig wächst in Oberschöneweide auf und besucht hier die Schule. Von 1899 bis 1902 macht er eine Ausbildung zum Kaufmann bei der Anton und Alfred Lehmann A.G. in Niederschöneweide. Nach der Ausbildung arbeitet Ludwig für kurze Zeit in dieser Firma als Lagerist. Ab Mai 1903 ist er Angestellter im Kabelwerk der AEG und dort seit 1924 Bürovorsteher.

Am 17.10.1912 heiraten Ludwig und Magarete Collin in Neukölln. Die Trauzeugen sind Hans Collin, Margaretes Bruder und Armin Friedmann, Ludwigs Bruder. Magarete Collin ist evangelisch. Die Ehe bleibt kinderlos. Die Eheleute leben seit 1912 für rund 30 Jahre in Niederschöneweide. Zuerst in der Hainstraße und später in der Berliner Straße 97/98. Das ist die heutige Schnellerstraße. Ab 1943 wohnen die Eheleute in Mitte in der Prenzlauer Str. 16 Ecke Hirtenstraße 1 / 2, da sie aus rassischen Gründen aus ihrer Wohnung herausgedrängt worden sind. Sie wohnen dort zur Untermiete.

Ludwig leidet von 1915 bis 1922 und auch später öfter unter allgemeiner Neuralgie. Aufgrund dieser Nervenschmerzen war er mehrfach für längere Zeit nicht arbeitsfähig. Seine Erkrankung wurde mehrfach ambulant und stationär behandelt. Ludwig fährt häufig zu verschiedenen Kuren und in AEG-eigene Kur- und  Erholungsheime. Diese Aufenthalte und Behandlungen sind in seiner Personalakte der AEG sehr gut dokumentiert, in welche die Stolpersteingruppe Schöneweide im  AEG-Archiv Einsicht nehmen konnte.

Die AEG zeichnet ihn 1928 für seine 25-jährige Betriebszughörigkeit mit der „Silbernen Rathenau-Medaille“ aus. 1933, also fünf Jahre nach der Auszeichnung, wird Ludwig gekündigt. Die AEG verschleiert diese Kündigung als Pensionierung. Er erhält dadurch ab Januar 1934 ein Ruhegehalt. Da die Krankenrente der Reichsversicherungsanstalt erst ab August 1938 gezahlt wird, bekommt er von der AEG bis dahin eine freiwillige Zusatzleistung. Mit Beginn der Krankenrentenzahlung der Reichsversicherungsanstalt stellt die AEG die monatliche freiwillige Zusatzleistung von 40 RM ein.

Im Februar 1943 wird Ludwig im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet. Zuerst kommt er ins Sammellager der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße, dann in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz. Danach wird er in das „Arbeitserziehungslager Wuhlheide“ gebracht. Laut Sterbeurkunde stirbt Ludwig Friedmann an Herzschwäche. Es ist zu vermuten, dass Ludwig in diesem Lager misshandelt wird und dort auch nicht auf seine gesundheitliche Vorbelastung eingegangen wird. Er stirbt vermutlich an den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager am 2.4.1943.

Margarete lässt sich nicht von Ludwig scheiden. Es ist anzunehmen, dass sie dazu mehrfach durch die Verfolgungsbehörden gedrängt wird. Sie bleibt jedoch an Ludwigs Seite und zieht mit ihm auch in die zwangsweise zugewiesene „Judenwohnung“ in Mitte um.    

Nach dem Krieg gibt sie bei einer Befragung durch die Jüdische Gemeinde zu Berlin Folgendes an: „Mein Mann war Jude (Sternträger) und wurde im Februar 1943 verhaftet… Am 2.4.1943 wurde mir mitgeteilt, dass er verstorben ist. Vorher wurden wir durch die Partei gezwungen unsere Wohnung zu räumen. Wir bekamen ein Zimmer in der Prenzlauer Str. 16, wo ich am 26.4.1945 total ausgebrannt bin. Mein Mann wurde 1933 sofort entlassen und war seitdem ohne Arbeit.“

Sein Bruder Armin stirbt 1941 in Frankreich. Für ihn wird ein Stolperstein in Oberschöneweide verlegt. Über die Schwester Pauline konnten keine Informationen recherchiert werden.[5]

Margarete Friedmann geb. Collin Schnellerstraße 97/98 23. September 2024 Lebensgeschichte Margarete Friedmann geb. Collin

Margarete Anna Luise Collin wird am 18.10.1884 in Berlin Mitte, in der Brunnenstrasse geboren. Ihr Rufname ist Margarete. Der Vater ist der selbständige Schlossermeister Robert Adolf Alexander Collin, geb. ca. 1844 in Lychen, Templin und gestorben am 18.7.1915 in Berlin-Neukölln. Die Mutter, Luise Pauline Berta Hammer wird am 17.4.1855 in Berlin geboren und stirbt am 20.3.1939 in Berlin-Niederschöneweide.

Margarete ist die Mittlere von drei Geschwistern. Da sind außer ihr, der Bruder Hans Collin, geboren am 16.10.1882 und gestorben am 2.4.1941 in Breslau und die Schwester Charlotte Collin, geboren am 21.8.1886 und am 3.1.1946 in Berlin verstorben.

Margarete wächst in Prenzlauer Berg vorwiegend in der Kastanienallee auf.  Um 1912 zieht sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Neukölln in die Weserstrasse 211. Sie erlernt den Beruf einer Kontoristin. Ihr Bruder wohnt zu diesem Zeitpunkt in der Oranienstrasse in Kreuzberg.

Am 17.10.1912 heiraten Margarete und Ludwig Friedmann in Neukölln. Die Trauzeugen sind Hans Collin (ihr Bruder) und Armin Friedmann (Ludwigs Bruder). Magarete Collin ist evangelisch. Die Ehe bleibt kinderlos. Die Eheleute leben ab 1912 für rund 30 Jahre in Niederschöneweide zuerst in der Hainstraße und später in der Berliner Straße 97/98. Das ist die heutige Schnellerstraße.  1943 werden sie aus rassischen Gründen aus ihrer Wohnung vertrieben und ziehen in ein Zimmer zur Untermiete nach Mitte in die Prenzlauer Str. 16  Ecke Hirtenstraße 1 / 2.

Ihr Ehemann Ludwig leidet unter allgemeiner Neuralgie und ist mehrfach für längere Zeit nicht arbeitsfähig. Margarete kümmert sich um ihn und schreibt auch an seinen Arbeitgeber, um sein krankheitsbedingtes Fernbleiben zu entschuldigen. Ludwig arbeitet von 1903 an bei der AEG. Er wird 1933 entlassen bzw. pensioniert.

Margarete kümmert sich auch um ihre Mutter, die bis zu ihrem Tod im Jahr 1939 bei ihr und Ludwig wohnt.

Es ist anzunehmen, dass sie mehrfach durch die Verfolgungsbehörden gedrängt wird, sich von ihrem jüdischen Ehemann scheiden zu lassen, aber Margarete hält zu ihm und schützt ihn dadurch. Sie kann jedoch nicht verhindern, dass er im Februar 1943 im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet wird und in der Folge ins Arbeitserziehungslager Wuhlheide gebracht wird. Dort stirbt er im April 1943.

Margarete wohnt bis Ende April 1945 in der Prenzlauer Strasse 16. Nachdem sie dort ausgebombt wird, kommt sie in der Nähe, in der Keibelstrasse 2 unter.

Nach dem Krieg gibt sie bei einer Befragung durch die Jüdische Gemeinde zu Berlin Folgendes an: „Mein Mann war Jude (Sternträger) und wurde im Februar 1943 verhaftet… Am 2.4.1943 wurde mir mitgeteilt, dass er verstorben ist. Vorher wurden wir durch die Partei gezwungen unsere Wohnung zu räumen. Wir bekamen ein Zimmer in der Prenzlauer Str. 16, wo ich am 26.4.1945 total ausgebrannt bin. Mein Mann wurde 1933 sofort entlassen und war seitdem ohne Arbeit.“

Margarete lebt nach dem Krieg in Berlin-Friedrichshagen, in der Breestpromenade 13.       Sie stirbt 1967 in Berlin-Köpenick.[5]

Commons: Stolpersteine in Berlin-Niederschöneweide – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Unbekannte entwenden „Stolperstein“. In: Berliner Morgenpost. 3. August 2005 (online [abgerufen am 8. April 2013]). 
  2. Stolpersteine in Berlin Treptow-Köpenick – eine Dokumentation über 30 Orte des Gedenkens mitten unter uns. (PDF; 6,7 MB) Bund der Antifaschisten Treptow e. V. und Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten Köpenick e. V., Juli 2008, S. 28–31, abgerufen am 2. Februar 2013. 
  3. Otto Dunkel. Gedenkstätte Deutscher Widerstand und Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e. V., abgerufen am 3. Februar 2013. 
  4. Karin Schmidl: Gestohlener Stolperstein wird erneuert. In: Berliner Zeitung. 7. Oktober 2005 (berliner-zeitung.de). 
  5. a b c d Recherche der Stolpersteingruppe Schöneweide
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