Ludwig Heinrich von Jakob

Ludwig Heinrich von Jakob (* 26. Februar 1759 in Wettin; † 22. Juli 1827 in Lauchstädt) war ein Staatswissenschaftler, Philosoph, Ökonom, Schriftsteller und korrespondierendes Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften (1810).

Vermutlich aus Jakobs Zeit in Charkow
Vermutlich aus Jakobs Zeit in Charkow

Leben

Er besuchte seit 1773 das Gymnasium in Halle und studierte seit 1777 Theologie, Philosophie und Philologie an der dortigen Universität. Im Jahre 1781 erhielt er eine Anstellung als Gymnasiallehrer in Halle. Nach der 1785 erfolgten Promotion und Habilitation wurde Jakob 1787 Professor für Philosophie an der Universität Halle, 1807 Professor für politische Ökonomie und Staatskunst an der Universität Charkow.[1]

Eine rege literarische Tätigkeit und die intensive Beschäftigung mit der klassischen wie zeitgenössischen philosophischen und philologischen Literatur führten zu einer raschen akademischen Karriere. Sowohl Jakobs Lehrtätigkeit in Logik, Metaphysik, Moral, Naturrecht, Geschichte der Philosophie als auch seine wissenschaftlichen Arbeiten – er schrieb Lehrbücher, beteiligte sich erfolgreich an der Beantwortung von Preisfragen, errang größeren Erfolg mit dem Buch Die allgemeine Religion (1797), betätigte sich als kommentierender Übersetzer englischer und französischer Literatur, darunter Schriften David Humes, Jean-Baptiste Says, Henry Thorntons und James Mills, und als Herausgeber mehrerer Periodika – standen im Zeichen kantischer Ideen. Er verbreitete als einer der Ersten die Ideen von Adam Smith in Deutschland.[2]

1809 übersiedelte Jakob nach Petersburg. Er hatte mit einer Schrift über die russische Papiergeldinflation („Ueber Rußlands Papiergeld und die Mittel dasselbe bey einem unveränderlichen Werthe zu erhalten“) das Interesse des Zaren geweckt. Er wurde damit beauftragt einen Verbesserungsvorschlag für das russische Münzwesen zu erstellen. Ferner wurde er in die Gesetzgebungskommission berufen, um den Entwurf für ein „Criminalgesetzbuch für das russische Reich“ zu verfassen. Ab 1811 arbeitete er als Staatsrat mit Gehalt im Kollegienrat des Finanzministerium. Die Umsetzung seiner Reformvorschläge verlief nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte.

Jakob folgte 1816 einem Ruf nach Halle auf einen Lehrstuhl für Staatswissenschaften. Er lehrte bis zu seinem Tod auf verschiedenen Gebieten, veröffentlichte zahlreiche Beiträge und wirkte wie schon früher als Prorektor inmitten der studentischen Unruhen positiv für die Universität.[3]

Sein Grab befindet sich auf dem halleschen Stadtgottesacker im Bogen 61.[4]

Epitaph für Ludwig Heinrich von Jakob im Grabbogen 61 auf dem halleschen Stadtgottesacker

Familie

Seine Eltern waren der Kleinbauer Johann Konrad Jacobi (1733–1800) und dessen Ehefrau Charlotte Wilhelmine Jähne († 1764). Er heiratete N. N. Dreyßig aus Halle. Das Paar hatte einen Sohn und drei Töchter, darunter:

  • Julie ⚭ Carl Loewe (1796–1869), Komponist
  • Therese (1797–1870), Schriftstellerin, Sammlerin und Übersetzerin serbischer Volkslieder ⚭ Edward Robinson (1794–1863), Professor der christlichen Archäologie
  • Emilie (1794–1869) ⚭ Adolf Friedrich Emil von Schlüsser (1793–1863), königlich preußischer Generalleutnant

Werke

  • Denkwürdigkeiten aus meinem Leben. Herausgegeben von Hans-Joachim Kertscher in Zusammenarbeit mit Michael Mehlow. Universitäts-Verlag Halle-Wittenberg, Halle 2011, ISBN 978-3-86977-032-1.
  • "Laß dich gelüsten nach der Männer Bildung, Weisheit und Ehre" Zusammen mit seiner Tochter Therese Albertine Luise. Veröffentlicht von Gisela Licht: Courage. Halle 1999, 1. Aufl.
  • Prolegomena zur praktischen Philosophie. Halle 1787.
  • Grundriss der allgemeinen Logik und kritische Anfangsgründe der allgemeinen Metaphysik. Halle: Hemmerde und Schwetschke, 1788.
  • David Hume über die menschliche Natur, aus dem Englischen, nebst kritischen Versuchen zur Beurteilung dieses Werkes. Halle 1790.
  • Grundriß der Erfahrungs-Seelenlehre. Halle a. d. Saale 1791.
  • Philosophische Sittenlehre. Halle 1794.
  • Grundsätze der National-Oekonomie oder National-Wirthschaftslehre. Selbstverl.; Ruff in Komm., Halle 1805. Digitalisat
  • Grundsätze der Policeygesetzgebung und der Policeyanstalten. Charkow 1809.
  • Ideen über das politische Gleichgewicht von Europa, mit bes. Rücksicht auf die jetzigen Zeitverhältnisse. Leipzig 1814.
  • Über die Arbeit leibeigner und freyer Bauern in Beziehung auf den Nutzen der Landeigenthümer, vorzüglich in Rußland. St. Petersburg (Akademie d. Wissenschaften), 1814 (google.de). 
  • Ueber teutsche Freiheit und Vertretung teutscher Völker durch Landstände. Leipzig 1814.

Literatur

  • Carl von Prantl: Jakob, Ludwig Heinrich von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 13, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 689 f.
  • Marie-Elisabeth Vopelius: Jakob, Ludwig Heinrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 216 (Digitalisat).
  • Volodymyr O. Abašnik (Abaschnik): Ludwig Heinrich von Jakob (1759-1827), ein Hallescher Professor in Charkov und Sankt Petersburg. In: Erich Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Bd 7: Unbekannte Quellen; Aufsätze zu Entwicklung, Vorstufen, Grenzen und Fortwirken der Frühneuzeit in und um Europa. Böhlau, Köln 2008, ISBN 3-412-10702-6. S. 895–927.
  • Jens Stiehler: Naturrecht und liberale Staatswissenschaft. Ludwig Heinrich von Jakob – Philosoph, Ökonom und Staatswissenschaftler in Halle und Russland. In: Dominik Recknagel, Sabine Wöller (Hrsg.): Vernunft, du weißt allein, was meine Pflichten sind. Naturrechtslehre in Halle. Katalog zur Ausstellung im Interdisziplinären Zentrum für die Erforschung der Europäischen Aufklärung, Halle (Saale), 10. Oktober 2013 bis 6. Januar 2014, S. 77–91.
  • Literatur von und über Ludwig Heinrich von Jakob im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Werke von und über Ludwig Heinrich von Jakob in der Deutschen Digitalen Bibliothek
  • Eintrag zu Ludwig Heinrich von Jakob im Catalogus Professorum Halensis
  • Якоб, Людвиг Кондратьевич (Людвиг Генрих) фон Eintrag bei der Russischen Akademie der Wissenschaften (russisch)

Anmerkungen

  1. Joseph Wälzholz: Der erste Kantianer in Russland. Ludwig Heinrich von Jakobs autobiografische „Denkwürdigkeiten“ erstmals ediert. In: Neue Zürcher Zeitung, 7. Mai 2014, S. 46.
  2. Vopelius, Marie-Elisabeth: Jakob, Ludwig Heinrich von. In: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 216 f. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871158X.html#ndbcontent
  3. Vopelius, Marie-Elisabeth: Jakob, Ludwig Heinrich von. In: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 216 f. [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11871158X.html#ndbcontent
  4. Der hallesche Stadtgottesacker. Einzigartige Friedhofsanlage der Renaissance. Sonderausgabe aus Anlass des Abschlusses eines Jahrzehnts der baulichen, denkmalpflegerischen Instandsetzung, hrsg. v. d. Stadt Halle (Saale), 2. A., Halle 2003, S. 21.
Normdaten (Person): GND: 11871158X (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n86084621 | VIAF: 27866118 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Jakob, Ludwig Heinrich von
KURZBESCHREIBUNG deutscher Staatswissenschaftler, Philosoph, Ökonom und Schriftsteller
GEBURTSDATUM 26. Februar 1759
GEBURTSORT Wettin
STERBEDATUM 22. Juli 1827
STERBEORT Lauchstädt bei Halle (Saale)