Pariser Club
Der Pariser Club (frz. Club de Paris, eng. Paris Club) ist ein informelles Gremium, in dem staatliche Gläubiger mit einem in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Schuldnerland zwecks Umschuldungsverhandlungen oder Schuldenerlass zusammentreffen. Der Club vermittelt zwischen Geberländern und den Ländern, die Probleme mit der Rückzahlung von öffentlichen Krediten oder Entwicklungshilfedarlehen haben oder die aufgrund von Zahlungsverzügen bei Projekten mit Exportkreditversicherungen zu Schuldnern des jeweiligen Staates wurden.
Allgemeines und Voraussetzungen für ein Tätigwerden
Bei der Konferenz von Regierungsvertretern handelt es sich weder um eine Internationale Organisation im völkerrechtlichen Sinne noch um eine internationale Nichtregierungsorganisation, denn es fehlt sowohl an einer entsprechenden Gründungsvereinbarung als auch an einer hinreichenden Kontinuität.[1] Er ist zudem keine ständige Institution, auch wenn (allein aufgrund langjähriger Übung) ein fester Tagungsort mit einem ständigen Sekretariat besteht. Er tritt in Umschuldungsverhandlungen nur unter der Voraussetzung ein, dass ein positives Votum des IWF vorliegt und zwischen IWF und Schuldnerstaat eine Verständigung über ein Kreditprogramm erzielt ist.
Voraussetzung für Umschuldungsverhandlungen im Pariser Club ist ein unmittelbar drohender oder bereits eingetretener Verzug des Schuldnerstaats bei der Bedienung von Auslandsverbindlichkeiten („imminent-default-Kriterium“). Die Hilfe wird von einer Prognose des Internationalen Währungsfonds über die Entwicklung der Zahlungsbilanz für das Folgejahr abhängig gemacht. Diese Konditionalität setzt u. a. in der Regel voraus, dass der Schuldnerstaat in ein laufendes IWF-Programm eingebunden ist, das von einer Kreditfazilität (Stand-by-Kredite usw.) unterstützt wird. Dies wird wiederum von Auflagen abhängig gemacht. Der Grad der Umschuldung bestimmt sich dann nach der vom IWF nachgewiesenen Finanzierungslücke. Es gibt eine Kausalitätskette, die beim IWF beginnt. Der IWF muss finanzielle Hilfen an einen Schuldnerstaat positiv votiert haben, bevor der Pariser Club tätig wird. Tritt dieser in Umschuldungsverhandlungen mit dem Schuldnerstaat ein, so kann bei Bedarf auch der Londoner Club tätig werden. Im Rahmen des Pariser Clubs werden regelmäßig nur die innerhalb eines relativ kurzen Konsolidierungszeitraumes fälligen Zins- und Tilgungsleistungen umgeschuldet. Die Verhandlungsergebnisse des Pariser Clubs werden in einem Protokoll festgehalten, das in bilateralen Umschuldungsabkommen umgesetzt werden muss. Erst diese Abkommen sind völkerrechtlich verbindlich. Das Forum folgt bei der Restrukturierung bestimmten Standards, die anhand vergangener Fälle entwickelt wurden und „Classic terms“, „Houston terms“, „Naples terms“ und „Cologne terms“ genannt werden. Hiermit kann ein Schuldenerlass verbunden sein. Ein Abkommen eines Schuldnerstaates mit dem Pariser Club ist nur möglich, wenn es bereits ein Abkommen mit dem IWF gibt. Diese Konditionalität führt bei einem Scheitern der IWF-Verhandlungen zu einem IWF-Kreditstop und bringt zudem keine Schuldenerleichterungen durch den Pariser Club.[2]
Geschichte und Organisation
1956 wurde in Paris auf Bitte Argentiniens erstmals ein Treffen einberufen. Der damalige französische Finanzminister Pierre Pflimlin lud seinen argentinischen Amtskollegen zu einem Gespräch nach Paris ein, bei dem Argentinien seine Schuldenlage mit allen Gläubigerstaaten gleichzeitig besprechen wollte. Diese Praxis stieß bei den Beteiligten auf große Zustimmung, und die Vorgehensweise wurde auf weitere Länder ausgedehnt.
Seither hat der Klub samt einer kleinen Organisation seinen „Sitz“ im Schatzamt des französischen Finanzministeriums. Traditionell fungiert der Direktor des Schatzamts in Personalunion als Klubpräsident. Zudem verfügt der Pariser Club über ein ständiges Sekretariat, an das Anfragen gestellt werden können. Dies beruht allein auf der seit 1956 entstandenen Tradition und ständigen Übung. Der Klub verfügt über keinerlei schriftliche rechtliche Grundlagen – weder einen Regierungsvertrag noch eine organisatorische Verfassung.
Die Gläubigerstaaten treffen sich zehn- bis elfmal im Jahr, um die Schuldensituation verschiedener Länder zu besprechen und Verhandlungen mit diesen zu führen. Im Laufe der Jahre haben sich relativ strikte Regeln für diese Verhandlungen und die verschiedenen Modelle der Umschuldung bzw. des Schuldenerlasses entwickelt, die aber ebenfalls nicht verbindlich festgelegt und lediglich in für Außenstehende kaum zugänglicher Sekundärliteratur nachlesbar sind. Das Ergebnis dieser Gespräche wird in einem Protokoll festgehalten, das formal wiederum nur eine Empfehlung darstellt, faktisch aber befolgt wird. Auf der Basis dieses Protokolls werden verbindliche völkerrechtliche Vereinbarungen zwischen dem jeweiligen Gläubigerstaat und dem Schuldnerstaat geschlossen, in denen die Umschuldung bzw. der Schuldenerlass hinsichtlich der jeweiligen Forderung und Details wie die in Zukunft zu zahlenden Zinsen festgelegt werden. Die Forderungen privater Banken (einschließlich der durch die Banken geltend gemachten Forderungen privater Unternehmen) gegen den Schuldnerstaat werden separat im Londoner Club behandelt.
Statistiken
Seit seiner Gründung hat er 421 Abkommen mit 88 Schuldnerstaaten im Volumen von 553 Mrd. US-Dollar vermitteln können (Oktober 2011). Der letzte spektakuläre Beschluss brachte eine weitgehende Entschuldung des Iraks bis 2008. Im Februar 2006 kündigten die USA für Afghanistan einen kompletten Schuldenerlass in Höhe von 108 Millionen US-Dollar an. Nigeria hat als erstes afrikanisches Land seine Schulden beim Pariser Club getilgt. 4,5 Milliarden US-Dollar wurden am 21. April 2006 überwiesen. Russland hatte im Juli und August 2005 aufgrund der guten Ölgeschäfte damit begonnen, seine Schulden bei den vereinbarten Geberländern vorzeitig zurückzuzahlen, wobei die Rückzahlung in Raten erfolgte. Am 21. August 2006 beglich Russland seine Restschuld beim Pariser Club. Kamerun ist am 18. Juni 2006 seine Schuld in Höhe von 3,5 Milliarden bis auf einen Rest von 27 Millionen US-Dollar erlassen worden.
Mitglieder, Beobachter und Schuldner
Permanente Kreditgeber | |||
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Australien Australien | Niederlande Niederlande | ||
Belgien Belgien | Norwegen Norwegen | ||
Brasilien Brasilien | Osterreich Österreich | ||
Danemark Dänemark | Russland Russland | ||
Deutschland Deutschland | Korea Sud Südkorea | ||
Finnland Finnland | Schweden Schweden | ||
Frankreich Frankreich | Schweiz Schweiz | ||
Irland Irland | Spanien Spanien | ||
Israel Israel | Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich | ||
Italien Italien | Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten | ||
Japan Japan | |||
Kanada Kanada | |||
Kreditgeber in Einzelfällen | |||
Abu Dhabi Abu Dhabi | Neuseeland Neuseeland | ||
Argentinien Argentinien | Portugal Portugal | ||
Sudafrika Südafrika | Trinidad und Tobago Trinidad und Tobago | ||
Kuwait Kuwait | Turkei Türkei | ||
Marokko Marokko | |||
Mexiko Mexiko | |||
Institutionelle Beobachter | |||
Weltbank | Internationaler Währungsfonds | Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD | |
Europaische Union Europäische Union | Afrikanische Entwicklungsbank | Asiatische Entwicklungsbank | |
UNCTAD | Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung | Interamerikanische Entwicklungsbank | |
Schuldnerländer, die Vereinbarungen mit Kreditgebern des Pariser Clubs geschlossen haben | |||
Afghanistan Afghanistan | Guinea-Bissau Guinea-Bissau | Nigeria Nigeria | |
Agypten Ägypten | Guyana Guyana | Pakistan Pakistan | |
Albanien Albanien | Haiti Haiti | Panama Panama | |
Algerien Algerien | Honduras Honduras | Peru Peru | |
Angola Angola | Indonesien Indonesien | Philippinen Philippinen | |
Äquatorialguinea Äquatorialguinea | Irak Irak | Polen Polen | |
Argentinien Argentinien | Jamaika Jamaika | Ruanda Ruanda | |
Athiopien Äthiopien | Jemen Jemen | Rumänien Rumänien | |
Benin Benin | Jordanien Jordanien | Russland Russland | |
Bolivien Bolivien | Kambodscha Kambodscha | Sambia Sambia | |
Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina | Kamerun Kamerun | Sao Tome und Principe São Tomé und Príncipe | |
Brasilien Brasilien | Kenia Kenia | Senegal Senegal | |
Bulgarien Bulgarien | Kirgisistan Kirgisistan | Serbien Serbien | |
Burkina Faso Burkina Faso | Kongo Demokratische Republik Demokratische Republik Kongo | Sierra Leone Sierra Leone | |
Burundi Burundi | Kongo Republik Republik Kongo | Slowenien Slowenien | |
Chile Chile | Kroatien Kroatien | Somalia Somalia | |
Costa Rica Costa Rica | Liberia Liberia | Sri Lanka Sri Lanka | |
Dominikanische Republik Dominikanische Republik | Madagaskar Madagaskar | Sudan Sudan | |
Dschibuti Dschibuti | Malawi Malawi | Tansania Tansania | |
Ecuador Ecuador | Mali Mali | Togo Togo | |
El Salvador El Salvador | Marokko Marokko | Trinidad und Tobago Trinidad und Tobago | |
Elfenbeinküste Elfenbeinküste | Mauretanien Mauretanien | Tschad Tschad | |
Gabun Gabun | Nordmazedonien Nordmazedonien | Turkei Türkei | |
Gambia Gambia | Mexiko Mexiko | Uganda Uganda | |
Georgien Georgien | Moldau Republik Moldau | Ukraine Ukraine | |
Ghana Ghana | Montenegro Montenegro | Vietnam Vietnam | |
Grenada Grenada | Mosambik Mosambik | Zentralafrikanische Republik Zentralafrikanische Republik | |
Guatemala Guatemala | Nicaragua Nicaragua | Stand: Januar 2009 | |
Guinea-a Guinea | Niger Niger |
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website
- Weiterführende Informationen
- Detaillierte Informationen durch das BMF
- Deutsche Bundesbank: Weltweite Organisationen und Gremien im Bereich von Währung und Wirtschaft (PDF; 820 kB)