Schmidt-Zerlegung

In der linearen Algebra bezeichnet die Schmidt-Zerlegung (die nach Erhard Schmidt benannt ist) eine bestimmte Darstellung eines Vektors im Tensorprodukt von zwei Vektorräumen mit Skalarprodukt als Summe von wenigen paarweise orthonormalen Produktvektoren. Die Schmidt-Zerlegung findet zum Beispiel in der Quanteninformatik Anwendung.

Aussage

Seien H 1 {\displaystyle H_{1}} und H 2 {\displaystyle H_{2}} Hilberträume der Dimension n {\displaystyle n} beziehungsweise m {\displaystyle m} und sei n m {\displaystyle n\geq m} . Dann gibt es für jeden Vektor v H 1 H 2 {\displaystyle v\in H_{1}\otimes H_{2}} Mengen von paarweise orthonormalen Vektoren { u 1 , , u m } H 1 {\displaystyle \{u_{1},\ldots ,u_{m}\}\subset H_{1}} und { v 1 , , v m } H 2 {\displaystyle \{v_{1},\ldots ,v_{m}\}\subset H_{2}} , so dass

v = i = 1 m α i u i v i {\displaystyle v=\sum _{i=1}^{m}\alpha _{i}u_{i}\otimes v_{i}}

gilt, wobei die nicht-negativen Zahlen α 1 α 2 . . . α m 0 {\displaystyle \alpha _{1}\geq \alpha _{2}\geq ...\geq \alpha _{m}\geq 0} durch v {\displaystyle v} eindeutig bestimmt sind.

Beweis

Die Schmidt-Zerlegung ist im Wesentlichen eine Konsequenz der Singulärwert-Zerlegung. Fixiere Orthonormalbasen { e 1 , , e n } H 1 {\displaystyle \{e_{1},\ldots ,e_{n}\}\subset H_{1}} und { f 1 , , f m } H 2 {\displaystyle \{f_{1},\ldots ,f_{m}\}\subset H_{2}} . Der Elementartensor e i f j {\displaystyle e_{i}\otimes f_{j}} kann mit der Matrix e i f j T {\displaystyle e_{i}f_{j}^{T}} (hier bezeichnet f j T {\displaystyle f_{j}^{T}} die Transposition von f j {\displaystyle f_{j}} ) identifiziert werden. Ein beliebiger Vektor v {\displaystyle v} lässt sich in der Basis e i f j {\displaystyle e_{i}\otimes f_{j}} schreiben als

v = 1 i n , 1 j m β i j e i f j {\displaystyle v=\sum _{1\leq i\leq n,1\leq j\leq m}\beta _{ij}e_{i}\otimes f_{j}}

und kann dann mit der n × m {\displaystyle n\times m} Matrix

M v = ( β i j ) {\displaystyle \;M_{v}=(\beta _{ij})}

identifiziert werden. Nach der Singulärwertzerlegung gibt es unitäre Matrizen U {\displaystyle U} auf H 1 {\displaystyle H_{1}} und V {\displaystyle V} auf H 2 {\displaystyle H_{2}} und eine positiv-semidefinite m × m {\displaystyle m\times m} Diagonalmatrix Σ {\displaystyle \Sigma } so dass

M v = U [ Σ 0 ] V T . {\displaystyle M_{v}=U{\begin{bmatrix}\Sigma \\0\end{bmatrix}}V^{T}.}

Schreibt man U = [ U 1 U 2 ] {\displaystyle U={\begin{bmatrix}U_{1}&U_{2}\end{bmatrix}}} , wobei U 1 {\displaystyle U_{1}} eine n × m {\displaystyle n\times m} -Matrix ist, dann erhält man

M v = U 1 Σ V T . {\displaystyle \;M_{v}=U_{1}\Sigma V^{T}.}

Bezeichnet man nun die ersten m {\displaystyle m} Spaltenvektoren von U 1 {\displaystyle U_{1}} mit { u 1 , , u m } {\displaystyle \{u_{1},\ldots ,u_{m}\}} und mit { v 1 , , v m } {\displaystyle \{v_{1},\ldots ,v_{m}\}} die Spaltenvektoren von V und die Diagonalelemente der Matrix Σ {\displaystyle \Sigma } mit α 1 , , α m {\displaystyle \alpha _{1},\ldots ,\alpha _{m}} dann folgt

M v = U 1 Σ V T = i = 1 m α i u i v i T = i = 1 m α i u i v i {\displaystyle M_{v}=U_{1}\Sigma V^{T}=\sum _{i=1}^{m}\alpha _{i}u_{i}v_{i}^{T}=\sum _{i=1}^{m}\alpha _{i}u_{i}\otimes v_{i}} ,

was die Behauptung beweist.

Verwendung in der Physik

Die Schmidt-Zerlegung findet z. B. in der Quantenphysik Anwendung.

Spektrum reduzierter Zustände

Betrachte einen Vektor in der Schmidt-Form

w = i = 1 m α i u i v i . {\displaystyle w=\sum _{i=1}^{m}\alpha _{i}u_{i}\otimes v_{i}.}

Die Matrix ρ = w w {\displaystyle \rho =ww^{*}} ( w {\displaystyle w^{*}} bezeichnet den zu w {\displaystyle w} adjungierten Vektor) ist ein eindimensionaler Projektor auf H 1 H 2 {\displaystyle H_{1}\otimes H_{2}} . Die partielle Spur von ρ {\displaystyle \rho } bezüglich entweder dem Teilsystem H 1 {\displaystyle H_{1}} oder H 2 {\displaystyle H_{2}} ist dann durch eine Diagonalmatrix gegeben, deren nicht-verschwindende Einträge | α i | 2 {\displaystyle |\alpha _{i}|^{2}} sind. Anders ausgedrückt zeigt die Schmidt-Zerlegung, dass das Spektrum der beiden partiellen Spuren tr 1 ( ρ ) {\displaystyle {\text{tr}}_{1}(\rho )} und tr 2 ( ρ ) {\displaystyle {\text{tr}}_{2}(\rho )} gleich ist.

In der Quantenmechanik beschreibt ρ {\displaystyle \rho } (wie jeder eindimensionale Projektor auf H 1 H 2 {\displaystyle H_{1}\otimes H_{2}} ) den reinen Zustand eines aus zwei Teilen zusammengesetzten Systems und ρ 2 := tr 1 ( ρ ) {\displaystyle \rho _{2}:={\text{tr}}_{1}(\rho )} bzw. ρ 1 := tr 2 ( ρ ) {\displaystyle \rho _{1}:={\text{tr}}_{2}(\rho )} beschreibt den reduzierten Zustand im Teilsystem 2 bzw. 1. Das Spektrum des reduzierten Zustands bestimmt unter anderem dessen Von-Neumann-Entropie sowie verschiedene Verschränkungsmaße des reinen Zustands ρ {\displaystyle \rho } .[1]

Schmidt-Rang und Verschränkung

Für einen Vektor w H 1 H 2 {\displaystyle w\in H_{1}\otimes H_{2}} werden die strikt positiven Werte α i > 0 {\displaystyle \alpha _{i}>0} in seiner Schmidt-Zerlegung als seine Schmidt-Koeffizienten bezeichnet. Die Anzahl von Schmidt-Koeffizienten heißt Schmidt-Rang von w {\displaystyle w} .

Die folgenden Aussagen sind äquivalent:

  • der Schmidt-Rang von w {\displaystyle w} ist größer als eins
  • w {\displaystyle w} lässt sich nicht als Produktvektor u v {\displaystyle u\otimes v} schreiben
  • w {\displaystyle w} ist verschränkt
  • die reduzierten Zustände von w {\displaystyle w} sind nicht rein

Aus den Schmidt-Koeffizienten eines reinen Zustands w {\displaystyle w} lassen sich alle seine Verschränkungseigenschaften bestimmen[1]. Auch das Verhalten von w {\displaystyle w} unter lokalen Quantenoperationen ist durch die Schmidt-Koeffizienten festgelegt, insbesondere, ob sich zwei Zustände lokal ineinander transformieren lassen.[2]

Literatur

  • Erhard Schmidt: Zur Theorie der linearen und nichtlinearen Integralgleichungen, Mathematische Annalen 63, 433–476 (1907).
  • Asher Peres: Quantum Theory: Concepts and Methods, Kluwer (Dordrecht, 1993), Kapitel 5.
  • Artur Ekert und Peter L. Knight: Entangled quantum systems and the Schmidt decomposition. In: American Journal of Physics. 63. Jahrgang, Nr. 5, Mai 1995, S. 415, doi:10.1119/1.17904. 

Einzelnachweise

  1. a b Guifre Vidal: Entanglement Monotones. In: J. Mod. Opt. 47. Jahrgang, 2000, S. 355, doi:10.1080/09500340008244048, arxiv:quant-ph/9807077. 
  2. M. A. Nielsen: Conditions for a Class of Entanglement Transformations. In: Phys. Rev. Lett. 83. Jahrgang, 1999, S. 436, doi:10.1103/PhysRevLett.83.436, arxiv:quant-ph/9811053.