Superstarrheitssatz

In der Mathematik beschreibt der Superstarrheitssatz von Margulis (engl.: Margulis superrigidity theorem) die Darstellungen von Gittern in Lie-Gruppen von höherem Rang. Eine Folgerung aus dem Superstarrheitssatz ist die Arithmetizität dieser Gitter.

Motivation

Darstellungen von Gruppen sind in Mathematik und Physik von großer Bedeutung. Deshalb würde man gerne zu gegebenen Gruppen ihre Darstellungen, etwa nach G L ( n , C ) , G L ( n , R ) {\displaystyle GL(n,\mathbb {C} ),GL(n,\mathbb {R} )} oder auch in andere Lie-Gruppen klassifizieren.

Der Margulissche Superstarrheitssatz versucht dies für Gruppen, die bereits ein Gitter Γ {\displaystyle \Gamma } in einer Lie-Gruppe G {\displaystyle G} (vom R {\displaystyle \mathbb {R} } -Rang 2 {\displaystyle \geq 2} ) sind, zum Beispiel S L ( n , Z ) {\displaystyle SL(n,\mathbb {Z} )} als Gitter in S L ( n , R ) {\displaystyle SL(n,\mathbb {R} )} . (Damit die Bedingung R r k ( G ) 2 {\displaystyle \mathbb {R} -rk(G)\geq 2} erfüllt ist, muss in diesem Beispiel n 3 {\displaystyle n\geq 3} sein.) Für solche Gitter gibt die Inklusion Γ G {\displaystyle \Gamma \subset G} eine offensichtliche Darstellung in die Lie-Gruppe G {\displaystyle G} und darüber hinaus liefert jede Darstellung der Lie-Gruppe G {\displaystyle G} in eine andere Lie-Gruppe H {\displaystyle H} auch eine Darstellung von Γ {\displaystyle \Gamma } in H {\displaystyle H} . Da sich die endlich-dimensionalen Darstellungen von Lie-Gruppen vollständig klassifizieren lassen, bleibt dann noch die Frage, ob das Gitter darüber hinaus weitere Darstellungen besitzt.

Gitter in Lie-Gruppen haben in der Regel zahlreiche Homomorphismen auf endliche Gruppen. Zum Beispiel hat S L ( n , Z ) {\displaystyle SL(n,\mathbb {Z} )} surjektive Homomorphismen nach S L ( n , Z / N Z ) {\displaystyle SL(n,\mathbb {Z} /N\mathbb {Z} )} für jede natürliche Zahl N {\displaystyle N} . Falls eine solche endliche Gruppe in einer Lie-Gruppe H {\displaystyle H} als Untergruppe vorkommt, dann liefert der Homomorphismus eine Darstellung von Γ {\displaystyle \Gamma } in die Lie-Gruppe H {\displaystyle H} .

Der Superstarrheitssatz besagt, dass dies die beiden einzigen Möglichkeiten für Darstellungen von Γ {\displaystyle \Gamma } in H {\displaystyle H} sind.

Der Superstarrheitssatz gilt nicht für Gitter in S O ( n , 1 ) {\displaystyle SO(n,1)} und S U ( n , 1 ) {\displaystyle SU(n,1)} . Beispielsweise sind Flächengruppen Gitter in P S L ( 2 , R ) = S O ( 2 , 1 ) {\displaystyle PSL(2,\mathbb {R} )=SO(2,1)} , für ihre Darstellungen nach S O ( 2 , 1 ) {\displaystyle SO(2,1)} gilt aber nicht der Mostowsche Starrheitssatz, und weiterhin haben sie auch zahlreiche treue Darstellungen in P S L ( 2 , C ) = S O ( 3 , 1 ) 0 {\displaystyle PSL(2,\mathbb {C} )=SO(3,1)_{0}} , die nicht Einschränkungen von Darstellungen P S L ( 2 , R ) P S L ( 2 , C ) {\displaystyle PSL(2,\mathbb {R} )\to PSL(2,\mathbb {C} )} sind, siehe Quasifuchssche Gruppe und Cannon-Thurston-Abbildungen. Ähnlich gilt zwar für n > 2 {\displaystyle n>2} für Gitter in S O ( n , 1 ) {\displaystyle SO(n,1)} der Mostowsche Starrheitssatz, jedoch lassen sich manche Gitter Γ S O ( n , 1 ) {\displaystyle \Gamma \subset SO(n,1)} in S O ( n + 1 , 1 ) {\displaystyle SO(n+1,1)} deformieren, ohne dass diese Deformationen sich zu Darstellungen S O ( n , 1 ) S O ( n + 1 , 1 ) {\displaystyle SO(n,1)\to SO(n+1,1)} fortsetzen ließen.[1]

Aussage des Superstarrheitssatzes

Sei G {\displaystyle G} eine nicht-kompakte einfache Lie-Gruppe, die nicht lokal isomorph zu O ( n , 1 ) = I s o m ( H n ) {\displaystyle O(n,1)=Isom(H^{n})} oder U ( n , 1 ) = I s o m ( H C n ) {\displaystyle U(n,1)=Isom(H_{\mathbb {C} }^{n})} ist, und sei Γ {\displaystyle \Gamma } ein Gitter in G {\displaystyle G} .

Dann ist jede Darstellung ρ : Γ G L ( n , C ) {\displaystyle \rho \colon \Gamma \to GL(n,\mathbb {C} )} mit Zariski-dichtem Bild

  • entweder die Einschränkung eines stetigen Homomorphismus h : G G L ( n , C ) {\displaystyle h\colon G\to GL(n,\mathbb {C} )}
  • oder sie hat präkompaktes Bild.

Verallgemeinerungen

Die obige Formulierung ist nicht die allgemeinstmögliche. Zum Beispiel gilt die Aussage auch dann noch, wenn das Bild der Darstellung statt G L ( n , C ) {\displaystyle GL(n,\mathbb {C} )} eine einfache Lie-Gruppe H {\displaystyle H} mit trivialem Zentrum oder wenn G {\displaystyle G} nur eine halbeinfache Lie-Gruppe, dann aber Γ G {\displaystyle \Gamma \subset G} ein irreduzibles Gitter und das Bild ρ ( Γ ) {\displaystyle \rho (\Gamma )} Zariski-dicht in H {\displaystyle H} ist.

Eine noch allgemeinere Formulierung im Kontext algebraischer Gruppen ist die folgende.[2]

Sei

  • G {\displaystyle G} eine zusammenhängende, halbeinfache, reelle algebraische Gruppe ohne kompakten Faktor und sei R r k ( G ) 2 {\displaystyle \mathbb {R} -rk(G)\geq 2} .
  • Γ {\displaystyle \Gamma } ein irreduzibles Gitter in G ( R ) {\displaystyle G(\mathbb {R} )} .
  • k {\displaystyle k} ein lokaler Körper der Charakteristik 0, d. h. k = R , C {\displaystyle k=\mathbb {R} ,\mathbb {C} } oder eine endliche Erweiterung von Q p {\displaystyle \mathbb {Q} _{p}}

und sei H {\displaystyle H} eine einfache, zusammenhängende, algebraische k {\displaystyle k} -Gruppe. Sei π : Γ H ( k ) {\displaystyle \pi \colon \Gamma \to H(k)} ein Homomorphismus mit Zariski-dichtem Bild. Dann gilt:

  1. Wenn k = R {\displaystyle k=\mathbb {R} } und H ( R ) {\displaystyle H(\mathbb {R} )} nicht kompakt ist, dann kann π {\displaystyle \pi } zu einem rationalen Homomorphismus G H {\displaystyle G\to H} , definiert über R {\displaystyle \mathbb {R} } (also einen Homomorphismus G ( R ) H ( R ) {\displaystyle G(\mathbb {R} )\to H(\mathbb {R} )} induzierend) fortgesetzt werden.
  2. Wenn k = C {\displaystyle k=\mathbb {C} } ist, dann ist entweder π ( Γ ) {\displaystyle \pi (\Gamma )} kompakt, or π {\displaystyle \pi } kann zu einem rationalen Homomorphismus G H {\displaystyle G\to H} fortgesetzt werden.
  3. Wenn k {\displaystyle k} total unzusammenhängend ist, dann ist π ( Γ ) {\displaystyle \pi (\Gamma )} kompakt.

Literatur

  • Michael Gromow, Pierre Pansu: Rigidity of lattices: an introduction. Geometric topology: recent developments (Montecatini Terme, 1990), 39–137, Lecture Notes in Math., 1504, Springer, Berlin, 1991. Online (pdf)
  • G. A. Margulis: Discrete subgroups of semisimple Lie groups. Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete (3), 17. Springer-Verlag, Berlin, 1991. ISBN 3-540-12179-X
  • Furman: Introduction to super-rigidity
  • Fisher: Superrigidity, arithmeticity, normal subgroups: results, ramifications and directions

Einzelnachweise

  1. Dennis Johnson; John Millson: Deformation spaces associated to compact hyperbolic manifolds. Discrete groups in geometry and analysis (New Haven, Conn., 1984), 48–106, Progr. Math., 67, Birkhäuser Boston, Boston, MA, 1987. online (PDF; 2,1 MB)
  2. Theorem 5.6 in Margulis, op.cit.