Weierstraßscher Vorbereitungssatz

Der Weierstraßsche Vorbereitungssatz ist ein mathematischer Satz aus der Funktionentheorie mehrerer Veränderlicher. Er stellt einen Zusammenhang zwischen Nullstellen konvergenter Potenzreihen und Weierstraß-Polynomen her.

Einführung und Formulierung des Satzes

Es bezeichne n O {\displaystyle {}_{n}{\mathcal {O}}} den Ring der konvergenten Potenzreihen um 0 in n {\displaystyle n} Veränderlichen; dieser Ring ist kanonisch isomorph zum Ring der Keime holomorpher Funktionen in n {\displaystyle n} Veränderlichen um den Nullpunkt.

Ein f n O {\displaystyle f\in {}_{n}{\mathcal {O}}} ist genau dann eine Einheit des Rings n O {\displaystyle {}_{n}{\mathcal {O}}} , d. h. in dem Ring invertierbar, wenn f ( 0 , , 0 ) 0 {\displaystyle f(0,\ldots ,0)\neq 0} ist, was wiederum bedeutet, dass der konstante Term der Potenzreihe von Null verschieden ist.

Jedes f n 1 O {\displaystyle f\in {}_{n-1}{\mathcal {O}}} kann mittels der Festlegung f ( z 1 , , z n ) := f ( z 1 , , z n 1 ) {\displaystyle f(z_{1},\ldots ,z_{n}):=f(z_{1},\ldots ,z_{n-1})} als Element von n O {\displaystyle {}_{n}{\mathcal {O}}} aufgefasst werden; hiermit wird der Ring n 1 O {\displaystyle {}_{n-1}{\mathcal {O}}} zu einem Unterring von n O {\displaystyle {}_{n}{\mathcal {O}}} . Auch der Polynomring n 1 O [ z n ] {\displaystyle {}_{n-1}{\mathcal {O}}[z_{n}]} ist dann ein Unterring von n O {\displaystyle {}_{n}{\mathcal {O}}} . Wenn im Kontext des Weierstraßschen Vorbereitungssatzes von Polynomgrad oder Grad gesprochen wird, dann ist der Grad von Elementen aus n 1 O [ z n ] {\displaystyle {}_{n-1}{\mathcal {O}}[z_{n}]} als Polynome in z n {\displaystyle z_{n}} gemeint.

Ein Weierstraß-Polynom ist ein Element aus n 1 O [ z n ] {\displaystyle {}_{n-1}{\mathcal {O}}[z_{n}]} der Form

z n m + a m 1 ( z 1 , , z n 1 ) z n m 1 + + a 1 ( z 1 , , z n 1 ) z n + a 0 ( z 1 , , z n 1 ) {\displaystyle z_{n}^{m}+a_{m-1}(z_{1},\ldots ,z_{n-1})\cdot z_{n}^{m-1}+\ldots +a_{1}(z_{1},\ldots ,z_{n-1})\cdot z_{n}+a_{0}(z_{1},\ldots ,z_{n-1})}

mit konvergenten Potenzreihen a 0 , a 1 , , a m 1 n 1 O {\displaystyle a_{0},a_{1},\ldots ,a_{m-1}\in {}_{n-1}{\mathcal {O}}} , die in 0 verschwinden, d. h. mit a i ( 0 , , 0 ) = 0 {\displaystyle a_{i}(0,\ldots ,0)=0} .

Eine Potenzreihe f n O {\displaystyle f\in {}_{n}{\mathcal {O}}} heißt in z n {\displaystyle z_{n}} regulär, falls die holomorphe Funktion z f ( 0 , , 0 , z ) {\displaystyle z\mapsto f(0,\ldots ,0,z)} nicht die Nullfunktion ist, und in z n {\displaystyle z_{n}} regulär von der Ordnung m {\displaystyle m} , falls die Funktion z f ( 0 , , 0 , z ) {\displaystyle z\mapsto f(0,\ldots ,0,z)} in 0 eine Nullstelle der Ordnung m {\displaystyle m} hat.

Mit diesen Begriffsbildungen gilt der folgende Satz, genannt Weierstraßscher Vorbereitungssatz.[1][2]

Sei f n O {\displaystyle f\in {}_{n}{\mathcal {O}}} eine konvergente Potenzreihe, die in z n {\displaystyle z_{n}} regulär von der Ordnung m {\displaystyle m} ist. Dann gibt es ein eindeutig bestimmtes Weierstraß-Polynom h n 1 O [ z n ] {\displaystyle h\in {}_{n-1}{\mathcal {O}}[z_{n}]} vom Grad m {\displaystyle m} und eine eindeutig bestimmte Einheit u n O {\displaystyle u\in {}_{n}{\mathcal {O}}} mit f = u h {\displaystyle f=u\cdot h} .

Beweisidee

f {\displaystyle f} konvergiert auf einem geeigneten Polykreis Δ ( 0 ; r 1 , , r n ) {\displaystyle \Delta (0;r_{1},\ldots ,r_{n})} . Da f {\displaystyle f} in z n {\displaystyle z_{n}} regulär von der Ordnung m {\displaystyle m} ist, findet man 0 < δ j < r j {\displaystyle 0<\delta _{j}<r_{j}} , so dass die Funktion z n f ( z 1 , , z n 1 , z n ) {\displaystyle z_{n}\mapsto f(z_{1},\ldots ,z_{n-1},z_{n})} für jedes feste ( z 1 , , z n 1 ) Δ ( 0 ; δ 1 , , δ n 1 ) {\displaystyle (z_{1},\ldots ,z_{n-1})\in \Delta (0;\delta _{1},\ldots ,\delta _{n-1})} genau m {\displaystyle m} Nullstellen im Kreis Δ ( 0 ; δ n ) {\displaystyle \Delta (0;\delta _{n})} hat. Diese seien mit φ 1 ( z 1 , , z n 1 ) , , φ m ( z 1 , , z n 1 ) {\displaystyle \varphi _{1}(z_{1},\ldots ,z_{n-1}),\ldots ,\varphi _{m}(z_{1},\ldots ,z_{n-1})} bezeichnet, wobei für Mehrfachnullstellen Wiederholungen auftreten. Multipliziert man

h ( z 1 , , z n ) := k = 1 m ( z n φ k ( z 1 , , z n 1 ) ) {\displaystyle h(z_{1},\ldots ,z_{n}):=\prod _{k=1}^{m}(z_{n}-\varphi _{k}(z_{1},\ldots ,z_{n-1}))}

aus, so erhält man ein Weierstraß-Polynom, das das Verlangte leistet.

Bemerkung

Der Name Vorbereitungssatz rührt daher, dass die Potenzreihe für die Untersuchung ihrer Nullstellen vorbereitet wird. Da der Faktor u {\displaystyle u} als Einheit in einer Umgebung von 0 nicht verschwindet, sind die Nullstellen in einer solchen Umgebung dieselben wie die des Weierstraß-Polynoms.[3]

Für n = 1 {\displaystyle n=1} , das heißt für holomorphe Funktionen einer Variablen, muss das Weierstraß-Polynom das normierte Monom z 1 m {\displaystyle z_{1}^{m}} sein. Es ist dann f ( z 1 ) = u ( z 1 ) z 1 m {\displaystyle f(z_{1})=u(z_{1})z_{1}^{m}} mit einer holomorphen Funktion u {\displaystyle u} , die in 0 nicht verschwindet. Der Vorbereitungssatz verallgemeinert daher die Tatsache, dass eine holomorphe Funktion einer Veränderlichen mit m {\displaystyle m} -facher Nullstelle in 0 als u ( z 1 ) z 1 m {\displaystyle u(z_{1})z_{1}^{m}} mit einer holomorphen in 0 nicht verschwindenden Funktion u {\displaystyle u} geschrieben werden kann, auf n {\displaystyle n} Dimensionen.

Zur Einordnung des Satzes soll noch erwähnt werden, dass sich aus ihm sehr leicht ein Satz über implizite Funktionen ergibt.[4] Ist nämlich f n O {\displaystyle f\in {}_{n}{\mathcal {O}}} in z n {\displaystyle z_{n}} regulär von erster Ordnung, so hat f {\displaystyle f} nach dem Vorbereitungssatz die Form

f ( z 1 , , z n ) = u ( z 1 , , z n ) ( z n a ( z 1 , , z n 1 ) ) {\displaystyle f(z_{1},\ldots ,z_{n})=u(z_{1},\ldots ,z_{n})\cdot (z_{n}-a(z_{1},\ldots ,z_{n-1}))}

mit einer holomorphen Funktion a {\displaystyle a} . Da u ( 0 ) 0 {\displaystyle u(0)\not =0} , gilt in einer Umgebung von 0

f ( z 1 , , z n ) = 0 z n = a ( z 1 , , z n 1 ) {\displaystyle f(z_{1},\ldots ,z_{n})=0\Longleftrightarrow z_{n}=a(z_{1},\ldots ,z_{n-1})} .

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Ebeling: Funktionentheorie, Differentialtopologie und Singularitäten, Vieweg-Verlag (2001), ISBN 978-3-528-03174-9, Theorem 2.1
  2. Gunning-Rossi: Analytic functions of several complex variables. Prentice-Hall 1965, Kap. II.B, Theorem 2 (Weierstrass Preparation Theorem)
  3. Wolfgang Ebeling: Funktionentheorie, Differentialtopologie und Singularitäten, Vieweg-Verlag (2001), ISBN 978-3-528-03174-9, Bemerkung 2.3
  4. Gunning-Rossi: Analytic functions of several complex variables. Prentice-Hall 1965, Kap. II.B, Seite 70